Harte Schläge, teures Bier

Wenn die Zuschauer jeden Schlag mit einem kräftigen «Hey!» goutieren. Wenn sie johlen und kreischen, wenn mal wieder ein Kämpfer zu Boden gegangen ist. Wenn der Geruch von Tigerbalsam unter das Hallendach kriecht. Oder wenn der Kampf kurzerhand unterbrochen wird, weil auf den Stehplätzen noch nicht alle Wetten platziert sin. Und plötzlich einer die noch bessere Quote anbietet. Ja, dann lebt die sportliche Seele Bangkoks.

Auch in Thailand mag inzwischen Fussball der beliebteste Sport sein, traditionell tief verwurzelt ist und bleibt Muay Thai. Also, wie wir es kennen, das Thaiboxen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts hat es sich als Sportart etabliert, heute wird es als Profi- und Amateursport betrieben. Ein Besuch in Bangkok ist deshalb nicht komplett ohne Besuch des berühmten Rajadamnern Stadium. Es ist eines von zwei Muay-Thai-Stadien in Bangkok. Im Rajadamnern werden die Titelkämpfe der Gewichtsklassen bis 72,5 Kilogramm ausgetragen.

Volkssport in Thailand: Muay Thai wird seit mehr als 200 Jahren betrieben.

Am Montag, Mittwoch, Donnerstag und Sonntag finden im Rajadamnern Stadium Kämpfe statt, zwischen 8 und 12 sind es pro Abend. Ein Kampf dauert maximal fünf Runden. Meistens kürzer.

Der Event beginnt jeweils um 18.30 Uhr, die wichtigsten Kämpfe steigen allerdings erst später. Um das Eintrittsticket muss man sich nicht kümmern, denn wohl fast jeder Tuk-Tuk-Fahrer hat eine Agentur seines Vertrauens, die Touristen noch so gerne eine Eintrittskarte verkaufen (und der Fahrer heimst freilich eine Provision ein). Eigentlich ist dies praktisch, denn hier wird ohnehin zwischen Thailändern und Touristen unterschieden, es wird grundsätzlich separat gesessen  und auch unterschiedlich viel für den Eintritt bezahlt.

Für den Innenbereich hat man die Wahl zwischen leicht erhöhten Premium Seats für 1500 Baht (48 CHF/43 EUR) und Sitzen direkt am Ring für 2000 Baht (65 CHF/57 EUR). Am günstigsten sind die Stehplätze im 3. Rang des Stadions, wo während der Kämpfe auch die Stimmung am besten ist. 1000 Baht kosten diese Tickets (32 CHF/28 EUR), doch die Agenturen bieten sie Touristen nur sehr ungern an. Zu haben sind diese Tickets aber im Online-Vorverkauf. Einheimische zahlen in diesem Bereich 450 Baht. Für sie eine stolze Summe.

Ein Abend im Rajadamnern kann sich finanziell also durchaus auswachsen, zumal auch das Bier etwas kosten will: schlanke 150 Baht (fast 5 CHF/4,30 EUR) pro Singha aus dem Plastikbecher. Weil es preislich keinen Unterschied macht, ob man das Bier an den Platz geliefert bekommt oder in der Singha-Lounge selbst holt, empfehle ich, gleich in der etwas erhöhten Singha-Lounge Platz zu nehmen. Die Sicht von dort auf den Ring ist sowieso die beste.

2000 Baht für einen Platz am Ring.
Man sitzt getrennt.

Die Kämpfe beginnen mit einem religiösen Zeremoniell. Beide Kämpfer kommen in den Ring und bereiten sich erst einmal ausgiebig darauf vor. Zu spüren ist der gegenseitige Respekt. Und unmittelbar vor dem Kampf beten sie mit ihren Trainern. Trotzdem hindert das die jungen bis sehr jungen Kämpfer nicht daran, nach dem Signal des Ringrichters gepflegt aufeinander einzudreschen. Etwa gibt es Muay Thai sieben verschiedene Schlagtechniken, acht unterschiedliche Kniestiche oder neun Wege, den Gegner niederzutreten. Einen «Roundhouse Kick» durfte ich an diesem Abend nicht bestaunen. Aber diverse Knock Outs.

Im täglich wechselnden Programm sind die Namen und Gewichte der Kämpfer niedergeschrieben, diese Informationen finden sich auch ausserhalb der Arena. Für einen Abend zeichnet sich ein bestimmter Promoter verantwortlich, meist stammen die total bis zu 24 Kämpfer an einem Abend aus zwei Boxställen der Stadt.

Während der Kämpfe sorgt ein Viermann-Orchester für die Dramatik. Zwei ältere Herren trommeln im Takt, und oft ist zu beobachten, wie die Kämpfer im Ring in deren Rhythmus trippeln. In den Kampfpausen stimmen zwei jüngere Kollegen mit Instrumenten ein, die am ehesten einer Klarinette ähneln sowie einer Rassel.

Sie sorgen für das Drama.
Er sorgt für den Gong.
Und sie kämpfen.

Ein offizielles Wettbüro gibt es nicht im Stadion, denn schon seit 1935 sind in Thailand Wetter fast jeder Art verboten. Davon ausgenommen ist das Wetten bei Pferderennen sowie die staatliche Lotterie. Und trotzdem wird auch im Rajadamnern Stadium auf die Kämpfe ordentlich Geld gesetzt – einfach untereinander.

Bis etwa 22.30 Uhr dauert der Boxabend, danach leert sich das Stadion schnell. Wer sich manchmal darüber ärgert, dass es in Bangkok nie lange dauert, bis einen die Tuk-Tuk-Fahrer belagern, dem gefällt dieser Umstand spätestens zu diesem Zeitpunkt: Obschon wenige tausend Zuschauer gleichzeitig die Arena verlassen, kommt man sofort weg.

Die Sicht aus der Singha-Lounge ist die beste im Rajadamnern Stadium.