Vietnam mit dem Zug

Wenn der Kondukteur die verschlossene Türe mit seinem Dreikant öffnet, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. Wenn am Morgen auch Frauen, die an den Bahnhöfen unterwegs Kaffee, Sandwiches und Früchte verkaufen, plötzlich ihren Kopf durch die Türe strecken. Wenn es ruckelt und zuckelt und schüttelt auf dem Gleis. Ja dann: Dann ist man vielleicht auf Schienen der vietnamesischen Staatsbahn unterwegs. Es ist in jedem Fall ein Erlebnis.

Die Hauptroute der Vietnam Railways führt von Ho Chi Minh City nach Hanoi. 1600 km Schienen liegen dazwischen, und über 30 Stunden dauert die Fahrt. Seit Beginn der Planung unserer Reise, war die Idee, Vietnam mit dem Nachtzug zu durchqueren. Schliesslich entschieden wir uns für nur zwei Etappen. Von Ho Chi Minh City fuhren wir nach Da Nang und nach ein paar Tagen im malerischen Hoi An weiter von Da Nang in die Hauptstadt Hanoi. Beide Fahrten dauert rund 17 Stunden, gingen erstaunlich rasch vorüber. Wir sind jeweils am frühen Abend losgefahren und erreichten das Ziel um den Mittag.

Zuerst wollten wir die Zugtickets beim populären 12go.asia buchen. Auf dieser Onlineplattform benötigt man in Vietnam jedoch eine nationale Kreditkarte. Daher sind wir auf Baolau.com ausgewichen. Am Schalter direkt beim Bahnhof könnte man sich natürlich die Agenturgebühren sparen, dafür muss man zwei Mal zum Bahnhof. Auch auf der Onlineplattform kann man problemlos das Abteil auswählen. Es gibt vier verschiedene Kategorien: hard seat, soft seat, hard sleeper (6er-Abteil) und soft sleeper (4er-Abteil). Wir haben ein 4er-Abteil gebucht, für umgerechnet 140 bzw. 160 CHF. Kinder müssen nicht den vollen Preis zahlen, auch wenn sie ihr eigenes Bett haben.

Die Zimmerchen haben vier Pritschen, einen kleinen Tisch und eine abschliessbare Türe (wobei es dem Zugbegleiter wie erwähnt recht egal ist, wenn die Türe abgeschlossen ist). Jedes Bett hat eine kleine Lampe und einen USB-Anschluss. Das Abteil war sauber, und die Betten waren frische bezogen. In jedem Wagen hat es ein WC, die für Zugverhältnisse okay sind, auch steht heisses Wasser zur Verfügung. Digitale Anzeigen in den Gängen orientieren über die aktuelle Position des Zuges, dessen Geschwindigkeit und die Innen- und Aussentemperatur. Beide Züge sind auf die Minute genau losgefahren und kamen auch pünktlich an.

Warten am Bahnhof.
Gang mit Eisenbahn-Charme.
Klein – aber ausreichend für eine Nacht.

Die Schienen und die Wagons sind nicht mehr die neusten, Projekte zur Modernisierung der Route bestehen seit Jahren, keines wurde aber bis dato umgesetzt (erst recht nicht die einst geplante Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Ho Chi Minh City und Hanoi). Beide Kinder sind trotz des heftigen Ruckelns (oder genau deswegen) sehr schnell eingeschlafen, auch wir Erwachsenen konnten einigermassen gut schlafen.

Im Zug gibt es einen Speisewagen, gefunden haben wir diesen jedoch nicht. Wir haben uns sowieso mit reichlich Snacks eingedeckt. An den Bahnhöfen gibt es diverse Stände, an denen Sandwiches, Instantnoodels, Chips und Getränke verkauft werden. So war auch für das leibliche Wohl gesorgt. Überhaupt ist in Vietnam jedes zweite Haus (mindestens!) auch ein Restaurant. Verhungern oder verdursten muss man in diesem Land nicht.

Zum Abschluss unserer Reise fuhren wir in Hanoi auf der bekannten Train Street in den Bahnhof ein. In dieser sind die Geleise so eng an die Häuser gelegt worden, dass der Zug gerade so zwischen ihnen durch passt. Die Train Street mussten wir nachher natürlich auch zu Fuss besuchen, und wir waren restlos begeistert. Auf kleinen Tischchen auf den Geleisen wird Bier und Essen serviert, ehe alles in Windeseile abgeräumt wird, kurz bevor der Zug kommt. Im Türrahmen des Restaurants sahen (und spürten) wir schliesslich den Zug mit seinen vielen Wagons vorbeibrausen, nur ein paar Zentimeter vor unseren Nasen. Dazu in einem späteren Blogeintrag mehr!

Ablage und Bett in einem.
Dank persönlichem Hotspot konnten wir sogar etwas arbeiten.